Seit geraumer Zeit gibt es diese unstillbare Sehnsucht nach einer Sendepause. Nach einer Pause für das Internet – übrigens das einzige Ding, das noch genutzt wird. Nein, kein Radio mehr, kein Fernsehen. Bücher ja, aber Musik stört zumeist und Filme beschäftigen so sehr und so lange, dass man seine Träume nicht mehr sieht. Nach und nach haben also immer mehr Leute damit aufgehört, in die Röhre zu schauen. Etwas ratlos sind sie nun, die Leute, denn sie wissen nicht mehr, wonach sie ihre Polstergarnitur ausrichten sollen. Das ist gar nicht so einfach, seit es den Fernseher, dieses Lagerfeuer, nicht mehr gibt.
Manchmal denkt jemand an die Anekdoten der Väter, vor allem an die, die so oft erzählt wurden, dass die eigene Vorstellung davon fast mit der eigenen Erinnerung verwechselt wird. Sie waren klein, die Väter und auch deren Brüder, die noch kleiner waren. Zusammen saßen sie da, nebeneinander, beide mit erwartungsfrohem Blick auf dem Fernsehgerät. Sie starrten gebannt auf das Testbild, obwohl sie wussten, dass das Programm davon auch nicht schneller beginnt. Später, als das Programm eigentlich schon begonnen hat, lehnen sich die Väter der Väter aus dem Fenster und fischen, die Antenne in der Hand, nach dem Empfang. Nichts. Kein Ton, kein Bild – Rauschen.
Dann war plötzlich auch das Rauschen weg. Bild- und Sprachlosigkeit. Stille. Nichts war mehr zu hören oder zu sehen. Sendepause aller Instanzen. Selbst die Väter schwiegen und ihre Anekdoten verblassten. Nur noch wenige erinnern sich an das Rauschen. Kaum jemand weiß noch, wie das Testbild damals aussah. Dabei hatten sie so lange und so oft davor gesessen und gewartet, dass es anfing und losging und blitzte und donnerte und störte und beschäftigte und von den Träumen ablenkte und die Bücher vertonte und verfilmte.
Seit geraumer Zeit gibt es nun diese unstillbare Sehnsucht nach dem Testbild von damals. Alle sprechen davon, alle wollen es sehen. Wenn das Testbild da ist, dann geht es bald los. Doch bevor der Vorhang sich hebt, ist Sendepause.